(Doch) kein Nachruf
UnternehmerZeitung. Alles hat ein Ende. Auch starke Marken können selbstverschuldet aufgrund von disruptiven Marktveränderungen wie der Eintritt eines übermächtigen Konkurrenten oder infolge langsamer, aber nachhaltiger Veränderungen der Kundenbedürfnisse, verpassten Technologiesprüngen oder wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aus dem Markt gedrängt werden und das Zeitliche segnen. Nicht immer gelingt ein geordneter Marktaustritt, der für die beteiligten und oder betroffenen Anspruchsgruppen, allen voran die Mitarbeitenden und Kunden, wenig Schäden zur Folge hat. Wer jetzt denkt, ich würde vom sehr wahrscheinlichen Tod der Marke CS schreiben, liegt falsch, obwohl das auf der Hand läge. Nein, ich schreibe über das Ende eines anderen, kleinen und feinen, traditionsreichen Schweizer Unternehmens aus Winterthur. Der Kolateralschaden ist nicht vergleichbar, aber in unserer KMU-Landschaft trotzdem ein Mahnmal.
Wenn Sie in einer Wohnung ohne Trockenraum im Keller hausen, werden Sie die Marke „Stewi“ kennen. Stewi ist eine Kombination der ersten drei Buchstaben des Gründernamens, Steiner und der beiden Anfangsbuchstaben von Winterthur, dem Firmensitz. Heute ist Stewi die generische Marke für Wäscheständer schlechthin. Bis zum stetigen Absatzrückgang und Verkauf im Jahr 2017 war die Marke Kult und zählte zu den Top-Ten-Swissmade-Marken. Vor einigen Wochen teilten die heutigen Besitzer mit, sie müssten den Betrieb einstellen und die Stewi AG bis Ende 2023 liquidieren. Offensichtlich ist es mit den schwierigen Rahmenbedingungen hoher Material- und Produktionskosten und den Problemen während Covid nicht gelungen, den Absatzrückgang aufzuhalten und wirtschaftlich zu überleben. Es liess sich kein Käufer, auch kein ausländischer, wie dies kürzlich für Franz Carl Weber der Fall war, finden. Immerhin stellten die Stewi-Unternehmer in Aussicht, die Marke Stewi zu verkaufen. Ob das gelingen wird, steht in den Sternen. Da die Hoffnung zuletzt stirbt, drücke ich die Daumen. Schön, wenn wenigstens die starke Marke überleben würde.
Good News nach Redaktionsschluss: Die liechtensteinische Reichardt AG übernimmt Stewi mit allen Mitarbeitenden, produziert künftig in Bauma statt in Winterthur und die Marke überlebt.
Seit 2011 sind hier 124 Kolumnen „Marke des Monats“ über die Markenführung von grossen und kleinen, altbewährten, aufgefrischten und neuen Marken erschienen. Mit der 125. verabschiede ich mich als Kolumnist dieser Zeitung. Herzlichen Dank an meine Leserinnen und Leser. Ich wünsche Ihnen viel Freude mit starken Marken. Stefan Vogler